chocolate side

Die Interpretation von Leo Fellinger:
CHOCOLATE SIDE
Die vorliegende Arbeit "chocolate side" von Leo Fellinger nimmt Bezug auf das Gesamt-Thema "Reverse Mozart" im Sinne der gnadenlosen Vermarktung des Labels Mozart. Die gepolsterte und mit einer Collage bedruckte Ruhebank in der Wartehalle des Salzburger Hauptbahnhofes zeigt Wolfgang Amadeus Mozart im Alter von 5 Jahren - eine Einladung des Künstlers, sich auf dem Erfolg des Wunderkindes auszuruhen. Eine Metapher, die das Ausruhen einer ganzen Stadt auf dem heimischen Komponisten symbolisiert. Die Darstellung selbst bedient mehrere Mozart Klischees und lässt dabei vielerlei Interpretationen zu - zum einen durch die collageartige Überlagerung des 5jährigen Mozarts mit dem Gesicht eines farbigen Kindes - diese Darstellung zitiert das Auspacken der omnipräsenten Mozartkugel und die Freilegung der darunterliegenden süsslichen Köstlichkeit - oder aber auch die Bezugnahme auf die zur Zeit völlig abhanden gekommenen Toleranz. Auch der plüschtierartige Charakter des Bildes mit weichen fließenden Formen bedient das Klischee des Wunderkindes - der Titel der Arbeit könnte auch lauten: "chocolate side of wonder child".
Die Arbeitsweise von Leo Fellinger ist eine konsequente Weiterentwicklung seiner NetWorks-Technik, in der er mit dem Treibgut des WorldWideWeb spielt - denn mit dem Internet hat sich die zivilisierte Gesellschaft die bislang größte Sammlung an Bildern und Texten geschaffen, auf die jeder, der will, Zugriff hat. Menschen vereinen sich dort berührungslos zu virtuellen Gemeinschaften und zelebrieren Sexualität, Religion, Gewalt, Keuschheit, Fetischismus und Spiritualität. Fellingers "Net Works" stürzen sich auf dieses Paradoxon zwischen Distanz und Nähe oder Sehnsucht und Wirklichkeit. Es ist Ausgangspunkt seiner Computerbilder, in die er auch Texte integriert. Er komponiert Bilder aus jenen Dingen, die er im Netz findet - Pixel und Buchstaben - und bekennt sich offen zur Entweihung der Doktrin des Originals. In der für diese Intervention entstandene Arbeit nähert er sich mehr der Technik der Collage im digitalen Raum, auch inspiriert von der Definition, die einst Max Ernst niederschrieb: "Collage ist die systematische Ausbeutung des zufälligen oder künstlich provozierten Zusammentreffens von zwei oder mehr wesensfremden Realitäten auf einer augenscheinlich dazu ungeeigneten Ebene - und der Funke Poesie, welcher bei der Annäherung dieser Realitäten überspringt."